Elbspitze 2013 – Der Ultramarathon über 737 km und 12.000 hm von Dresden auf den Monte Zoncolan

Als ich Anfang März vor meinem Rechner saß und mir mal wieder die Strecke der diesjährigen Tour und die Berichte der letzten Jahre angehen habe, wusste ich, jetzt oder nie!

Getreu nach dem Motto: „Man darf es nicht nur wollen, man muss es auch tun!“

Nur die große Frage war, wie trainiert man für so einen Ultramarathon? Ich bin die letzten Jahre schon viele Marathons gefahren, Ötztaler, Engadiner, Dolomitenrundfahrt, Schwalbe Tour Transalp, …, aber das jetzt übertrifft alles!

Schon beim lesen der Streckendaten erstart man vor erfurcht, 737 km mit 12000 hm von Dresden auf den Monte Zoncolan in gut 36h.

Die Vorbreitung verlief eher weniger optimal. Schon Ende des letzten Jahres stand fest, dass es ein Trainingslager im Süden nicht geben wird, also Grundlage in der Heimat fahren! Eigentlich alles kein Problem, hätte sich der Winter nicht überlegt, dieses Jahr etwas Überstunden zu machen und die weiße Pracht bis Mitte April in der Oberlausitz liegen zu lassen.

Somit hieß der Trainingsplan am Anfang des Jahres Langlauf, Spinning und Joggen. Mit den ersten schönen Tagen ging es dann aber gleich aufs Rad und es wurden die Kilometer nur so runter gespult. Jeder Woche ca. 450 km Training, bei einem 40h Job nicht immer leicht und kostet so manche Entbehrung.

Deswegen habe ich mich auch entschieden im Mai noch einmal 14 Tage den Bock in die Ecke zu stellen und mir eine Auszeit zu gönnen. Einfach mal andere Dinge im Leben genießen!

Danach galt wieder volle Konzentration auf das Ziel „Monte Zoncolan“, nur dass das Wetter immer noch nicht besser geworden war. Bis zu sechs Stunden im strömenden Regen fahren, gehörten nun leider des Öfteren dazu. Wenigstens wusste ich, falls das Wetter bei der Elbspitze schlecht werden sollte, bin ich gerüstet.

Nun war es soweit, am 28.06. nach einer kurzen Nacht, klingelte um 3 Uhr der Wecker. Noch kurz einen Kaffee getrunken und ab ging es mit dem Auto nach Dresden. Um 04:30 Uhr war Treff an der Frauenkirche, kurz einschreiben, Startpaket in empfang nehmen und die letzten Vorbereitungen treffen. Gleich am Start bekam jeder sein Elbspitze-Trikot, das sofort übergestreift wurde. Ich war schon etwas stolz zu den 23 Startern zu gehören die die 737 km in Angriff nehmen. Jetzt galt es „nur“ noch zu finishen.

Der Tross setzte sich um 05:30 Uhr in Bewegung. Gleich zum munter werden ging es die ersten 48 km nur bergauf zum Grenzübergang Moladva im Erzgebirge, wo die erste von 14 Bergwertungen auf der Tour ausgetragen wurde.

Für mich war das einzige Ziel, mit dem Rad auf dem Monte Zoncolan anzukommen und deshalb galt es sich aus jeglichem Kampf um eines der Wertungstrikots heraus zu halten. Bloß nicht überpacen und den Puls zu weit nach oben treiben, um Körner zu sparen.

Die nächsten Kilometer bis zur ersten Verpflegungspause bei km 148 vergingen wie im Flug. Dort angekommen traute ich meinen Augen nicht, was das Organisations-Team da auf die Beine gestellt hat, war ganz große Klasse! Das war ein 5 Sterne Buffet für Radfahrer. Alles was das Herz begehrt und was man braucht um genügend Kraft für den nächsten Abschnitt zu sammeln. Man musste sich nur noch hinsetzten und sich durch das Schlaraffenland futtern und trinken.

Im zweiten Abschnitt musste Plasy und der Böhmerwald überwunden werden. Zwei Anstiege die nicht sehr steil waren und sich gut fahren lassen, immer in dem Tempo, dass man in der Mitte des Feldes oben ankam. Nach vorne gab es eh keine Ambitionen und nach hinten das Auge immer offen halten, um mit genügend Vorsprung vor dem Ende des Feldes oben anzukommen.

Bei km 268 folgte die zweite Pause bevor es weiter Richtung Passau ging. In den Abschnitten zwischen den Bergwertungen fuhr die Gruppe geschlossen, es wurde zwar zügig gefahren, aber im Windschatten konnte ich gut mitrollen und man merkte gar nicht, dass die Kilometer um Kilometer vergingen.

An der Abendpause hinter Passau hatten wir bereits 362 km geschafft und die Beine waren noch ziemlich frisch und die Laune bestens. Das Licht wurde montiert und ab ging es in die Nacht.

Auf dem Weg zur Nachtpause stand noch der Anstieg Daxlueg im Weg. Hier musste ich das erste Mal richtig auf die Zähne beißen, denn der kurze Anstieg von 3,2 km aber 9,4 % Durchschnittssteigung verlangte im Dunkeln schon einiges ab. Dafür wurde man zwischendurch immer wieder mit einem herrlichen Blick über das leuchtende Salzburg belohnt.

Die Nachtpause war mit 75 min die längste und ich hatte nach der reichhaltigen Nudelparty um 1 Uhr nachts, noch genügend Zeit mal für eine halbe Stunde die Augen zu schließen. Mittlerweile war das Thermometer unter 10°C gefallen und die Motivation zum weiterfahren sank erheblich.

In warme Sachen eingepackt, ging es weiter auf den 6,5 km langen Koloman, wo der Puls noch einmal nach oben schnellte. Perfekt um wach zu bleiben.

Ab jetzt begann dass vor dem ich mich immer gefürchtet hatte. Auf einmal war jegliche Motivation verflogen. Die Strecke war nicht schwer und zog sich nur leicht ansteigend über Bischofshofen nach Bruck am Großglockener. Die Müdigkeit war aber so stark, dass ich alle meine Kraft investieren musste um einfach nur die Augen offen zu halten. Selbst in den Beinen merkte ich auf einmal, dass jeglicher Saft raus war. Ich bekam keine Kraft mehr auf die Pedale und jede noch so kleine Erhebung wurde zur Qual. … Es ging nichts mehr! … In dem Moment auf dem Rad war mir fast alles scheiß egal, ich wollte nur noch in den Bus! Vor allem wusste ich ja was noch vor mir lag, gute 200 km und 5000 hm durch die Alpen.

Ich weiß nicht mal mehr genau wie spät es war als ich in Bruck eintrudelte, ich schätze mal auf etwas zwischen sechs und halb sieben. Nun stand ich da und wusste weder ein noch aus. War es das jetzt? Die Tatsache das es oben auf dem Glockner Temperaturen um 0°C hatte und noch eine geschlossene Schneedecke rechts und links neben der Straße lag, taten zu der Entscheidung weiter zu fahren nicht unbedingt bei.

Gebe ich jetzt auf und setzte mich zu den schon ausgeschiedenen in den Bus, oder probiere ich es? … Erst einmal setzten und Frühstücken!

Nach ein paar Schnittchen und einem leckeren Schnitzel stand die Entscheidung fest.

Es geht weiter! Irgendwie komm ich auf diesen ollen Glockner schon hoch! … Und wenn nicht? … Das gibt’s nicht!!!

Also frische Sachen angezogen und auf ging es, knapp 2000 hm übers Fuschertötl zum Hochtor. Den Anstieg habe ich mich schon öfters hoch gequält aber so gestorben bin ich da noch nie. Einfach nur weiter, noch 15 km zum Gipfel, noch 10, noch 5, … und irgendwann war ich oben! Diesen Glücksmoment kann man nicht beschreiben, einfach nur pure Emotion!

Jetzt hieß es aber schnell warme Sachen an und runter zur vorletzten Pausehinter Heiligenblut!

Unten lagen schon unsere Bergziegen in der warmen Sonne und genossen die Sonnenstrahlen. Also Decke geschnappt und gleich mit auf die Wiese gelegt. Ich merkte sofort wie mich die Sonne mit neuer Energie volltankte und mir neue Kraft gab. Das war echt der Wahnsinn, denn ich fühlte mich wie neu geboren und nicht wie einer der schon 650 km in den Beinen hat.

Ab jetzt war es ein Traum und das Ziel in greifbarer Nähe, mit einem 40er Streifen ging es bei 20°C und Sonnenschein, den Akku voll aufgeladen, weiter Richtung Süden.

Über den Iselsberg (5,6 km) und den Gailberg (6,7 km) folg ich einfach nur drüber und konnte mir sogar noch ein paar Bergpunkte sichern. Eigentlich unvorstellbar, wenn ich überlege wie es mir paar Stunden zuvor ergangen ist!

An der letzten Pause war mir schon klar, dass ich auf jeden fall finishen werde und das beflügelte mich noch umso mehr. Über den Plöckenpass und Ravascletto ging es zum Fuße des Monte Zoncolan.

Die letzten 10,5 km mit 1200 hm und einer Durchschnittssteigung von 11,5% sollten mir aber noch einmal alles abverlangen. Ich wusste, dass der Berg schwer werden würde, aber das war kein Berg, das war steil, steiler, Monte Zoncolan!!! Mit 5 km/h und Zickzack quälte ich mich Meter für Meter weiter, mit der Gewissheit, dass es wohl doch noch etwas länger dauern wird, bis ich da oben bin.

Nach einer gefühlten Ewigkeit stand da an der Wand auf einmal „ultimo kilometro“! Jetzt war es gleich geschafft, noch durch drei Tunnel und dann sah man schon die letzten 300m zum Gipfel. Ein Teil unsere Betreuer stand noch oben und wartete auf jeden einzelnen der 13 Finisher mit tobendem Applaus. … Einfach nur GÄNSEHAUT PUR!!!

Am Ende im Hotel standen 775 km, 12.018 hm und eine netto Fahrzeit von 30 h 05 min auf meinem Tacho, dazu ein Durchschnittspuls von 139, einem Maximalpuls von 172 und einem Kalorienverbrauch von 15.593!

Mein Fazit:

Ich habe schon viele Events mitgemacht und einiges erlebt und kann zu recht sagen: Was das Organisationsteam der Elbspitze auf die Beine gestellt hat ist grandios! Eine Strecke die jedem alles abverlangt, eine Verpflegung die keine Wünsche offen lässt, ein Betreuerteam das mit Herzblut dabei ist und dies in jeder Sekunde der 37 h auch zeigt. Ihr seid einfach nur Weltklasse!!!

Ich bin schon gespannt, welche Strecke ihr für das Jahr 2014 heraus sucht, wenn die Zeit passt und die Vorbereitung stimmt, dann wird dies sicher nicht meine letzte Elbspitze gewesen sein!

Nur dann wird es neben dem Ziel zu finishen, definitiv noch ein weiteres Ziel geben! 😉